Kriterien für die Flächenansprüche der Energiewende: Flächen- und Nutzungsoptimierter Einsatz von Photovoltaik

Zentrales Ziel Grüner Politik ist es, bis spätestens 2040 den gesamten Energiebedarf
Deutschlands mit erneuerbaren Energien (EE) decken zu können (100% EE), möglichst dezentral produziert und verbraucht. Dazu brauchen wir deutliche Energieeinsparungen, mehr Effizienz und mehr Produktion Erneuerbarer Energie und funktionierende flexible Speichersysteme. Dunkelflauten können ggf. EU-weit ausgeglichen
werden.
Neben der Windkraft wird Studien zu Folge der Ausbau der Photovoltaik eine große
Rolle spielen. Dabei gerät Photovoltaik (PV) auf Agrarflächen immer mehr in den Fokus. Bei Agrophotovoltaik (APV) sollen die Flächen parallel für Agrar- und Stromproduktion genutzt werden können, bspw. mit vertikalen, horizontalen oder sich mitbewegenden Anlagen. Bei Freiflächenphotovoltaik (FFPV) ist eine Belegung flächig vorgesehen und kein Ackerbau /Grünlandbewirtschaftung mit großen Maschinen ist
mehr möglich.
Fläche/Boden ist aber ein begrenztes Gut und auch andere wichtige Grüne Ziele haben Flächenansprüche: Die Ökologisierung der Landwirtschaft, der Ausbau des Ökolandbaus, reduzierte Futtermittelimporte aus Übersee, insgesamt mehr Grünland und
Tiere auf der Wiese, mehr Naturschutzflächen/Schutzgebiete, breitere Gewässerrandstreifen, Wiedervernässung von Mooren, mehr Biotopvernetzung, u.s.w.
Wir Grüne fordern:
1. Für den Ausbau mit PV sollte möglichst kein oder nur ein äußerst geringer
Flächenanteil der Landwirtschaft oder dem Naturschutz entzogen werden.
2. Das Potential für PV auf Dächern, Fassaden- und Verkehrsflächen, Parkplätzen, Lärmschutzwänden, ggf. auch auf Wasserflächen (sog. Floating PV, z.B.
Braunkohletagebau geflutet) sollte voll ausgeschöpft werden.
3. Gestörte Flächen wie z.B. militärische Konversionsflächen, stillgelegte Müllkippen, Abraumhalden, Windparkflächen, Flächenstreifen an Autobahnen und
Bahnstrecken, an Siedlungen und Industriegebieten etc. sollten bevorzugt
werden.
Um für Landwirtschaft und Natur negative Eingriffe zu vermeiden, ist es für uns
Grüne unabdingbar die energetische Flächennutzung zielgerichtet zu steuern. Deshalb muss die o.g. Zielhierarchie durch die Vergütung im EEG und durch gesetzliche
Verpflichtungen sichergestellt werden. Unter bestimmten Rahmenbedingungen, die
wir im Folgenden erläutern, halten wir den Einsatz von APV vom landwirtschaftlichen
und ökologischen Blickwinkel aus für möglich.
Kriterien für APV auf LW-Flächen
Eine grundsätzliche Privilegierung von APV lehnen wir Grüne ab. Ausnahmen bei
Kleinstanlagen sind möglich z.B. als Viehunterstand. Für die Auswahl der benötigtenFlächen gilt es, klare, nachvollziehbare und standortgerechte Kriterien aufzustellen.
Z.B:
1. Die Freihaltung von Flächen für eine regionale möglichst ökologische Lebensmittel-/Futterproduktion und Naturschutz hat Vorrang.
2. Es darf keinen signifikanten negativen Einfluss, auf die Ökologie, die Artenvielfalt, die landwirtschaftlichen Belange und auf das Landschaftsbild geben.
3. Die breite Akzeptanz in der Bevölkerung, insbesondere der Landbevölkerung,
ist Voraussetzung. Bürger*innen-Informationsveranstaltungen und Bürgerenergiegenossenschaften zur Finanzierung halten wir dazu für notwendig.
4. Grundsätzlich müssen UVP für größere Anlagen durchgeführt werden.
5. Es ist zu klären, wie die Agrarförderung der GAP für Flächen ausgestaltet
wird, die ergänzend zur landwirtschaftlichen Produktion mit APV belegt werden.
6. Betriebliche und regionale Obergrenzen müssen eingeführt werden: Motto:
„überall ein bisschen“. Eine großflächige Bedeckung der Landschaft mit PV in
einer Region (wie bspw. in Teilen von China) wollen wir nicht zulassen.
Bei einigen Kulturpflanzen konnte bei bisherigen Studien ein gesteigerter Ertragsund Qualitätsgewinn durch Beschattung in heißen, trockenen Sommermonaten gezeigt werden, eine Verringerung von Wasserknappheit und der Schutz vor Erosion.
Je heißer und trockener, desto positiver ist der Effekt von APV-Anlagen auf den
Wasserhaushalt. In Frankreich zeigten Studien bis zu 20% weniger Bewässerungsbedarf. Unter den „Rahmenbedingungen“ einer sich verstärkenden Klimakrise gilt es
solche positiven Effekte durch APV wo möglich sinnvoll zu nutzen. Daher sollten zusätzliche Studien mit weiteren Kulturpflanzen, Anbausystemen und verschiedenen
Standortbedingungen für eine Erweiterung und Absicherung der Datenlage durchgeführt werden.
Wie Beispiele zeigen, ist APV insbesondere bei Sonderkulturen zielgerichtet standortspezifisch einsetzbar. Laut Statistischem Bundesamt betrug die Gärtnerische
Nutzfläche (GN) im Jahr 2016 229.130 ha (Dauerkulturen im Freiland und unter
Glas), das ist rund 1% der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN).
Einsatz von verschiedenen APV-Anlagen
Grundsätzlich halten wir Grüne APV dort für sinnvoll, wo erhebliche Vorteile für die
landwirtschaftliche Produktion durch die Überdachung erzielt werden können, d.h.
Mehrfachnutzen durch Beschattung/ Wind- und Regenschutz für Pflanzen und Tiere,
und dazu Natur und Landschaftsbild nur geringfügig beeinträchtigt.
a) Hohe horizontale APV-Anlagen unter denen eine Landbewirtschaftung mit großen Agrarmaschinen möglich ist, sollten als Anlagen aufgrund einer sehr starken
Veränderung der Kulturlandschaft nur auf siedlungsnahen oder gestörten Flächen
aufgestellt werden. Da die Ständerlinien sich nur aufwendig bewirtschaften lassen
und sich somit ein praktischer Flächenverbrauch von ca. 8% ergibt, ist eine ökologische Aufwertung der Streifenbildung weiter zu untersuchen. Ebenso stellt sichdie Frage, inwieweit die Vielfalt im Ackerbau auf den Flächen eingeschränkt wird.
Der Einsatz über zeitweiligen Dauerkulturen wie z.B. Spargel, Erdbeeren oder
Hopfen ist zu bevorzugen und die Vorteile durch weitere Langzeitstudien zu belegen.
b) Vertikale APV-Anlagen werden senkrecht wie Zäune aufgestellt und haben flächig aufgestellt ebenfalls eine erhebliche Auswirkung auf das Landschaftsbild, so
dass ebenfalls dieselben Einschränkungen wie für a) gelten. Sinnvoll eingesetzt
sehen wir diese z.B. in/an Gewerbegebieten, Autobahnen, Bahnstrecken, Lärmschutzwänden oder auch als Zaunelemente vor allem im Grünland nur in Kombination mit Weidehaltung: Hühner, Schweine, Kühe, etc. Das könnte ein Anreiz für
Landwirte sein, wieder mehr Tiere in Weidehaltung zu halten, da über die PV zusätzliche Einnahmen erzielt werden könnten. Die Auswirkungen auf die Tiere sind
vorher zu ermitteln. Die Anordnung der PV-Zaunelemente sollte sich auf die
Wind- und Wetterseite (Ost-West-Aufstellung) begrenzen.
c) Niedrigere horizontale APV-Anlagen im Obst- Gemüse- und Weinanbau sind
bzgl. der Eingriffe in die Kulturlandschaft wohl am ehesten da umsetzbar, wo in
den Dauerkulturen oft schon mit Folien, Schutznetzen, o.ä. gearbeitet wird, so
dass der optische Unterschied nicht sehr groß ist. Durch betriebliche und regionale Obergrenzen wollen wir eine zu starke Veränderung der Kulturlandschaft
vermeiden.
d) PV-Anlagen in Südausrichtung flächig aufgestellt (FFPV) haben erhebliche
Auswirkungen auf das Landschaftsbild und entziehen der Landwirtschaft Nutzfläche, deshalb sollten sie nur unter einer strengen Einzelfallbetrachtung genehmigungsfähig werden. Einzeln aufgestellt könnten sie allerdings schutzbietende Unterstände für Tiere in Weidehaltung sein, so dass in Kombination mit Weide-/Freilandhaltung eine dünn verteilte Belegung landschaftlich und landwirtschaftlich
vertretbar und zudem sinnvoll ist.
Inwieweit bei welcher Bauform die einzelnen APV Anlagetypen einen negativen, oder
wie oftmals berichtet, vor allem positive Auswirkungen auf Biodiversität, Wasserhaushalt, Boden etc. haben, gilt es durch eine breitere Studienlage zu verifizieren.